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70 Jahre Zebrastreifen

Ganz unschein­bar taucht er 1953 in der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung auf: In der Anlage „Verkehrs­zei­chen und Verkehrs­ein­rich­tun­gen“ wird der Fußgän­ger­über­weg erst­mals in der StVO beschrie­ben: „Zwei unter­bro­chene Markie­rungs­li­nien, die quer über die Fahr­bahn gezo­gen werden [… bestehend] aus weißen Quadra­ten mit einer Kanten­länge und einem Abstand von je 50 Zenti­me­tern“. Hm, Quadrate? Diese Quadrate „können zu 50 Zenti­me­ter brei­ten weißen Farb­strei­fen verbun­den werden“ – ja, da ist er, der Zebra­strei­fen ist gebo­ren. Vor 70 Jahren.

Über den genauen Geburts­tag lässt sich strei­ten: Ist es der 3.9., der Tag, an dem die Ände­rung der StVO im Bundes­ge­setz­blatt veröf­fent­licht wurde? Oder nicht eher der 24.8., an dem sie beschlos­sen wurde? Oder der 1.10., an dem sie in Kraft trat? (Wobei manche Quelle hier den 1.9. nennt, im Gesetz selbst steht aber 1.10.) Wobei – im Spät­som­mer 1953 gibt es die cross­walks in Groß­bri­tan­nien schon seit fünf Jahren, und auch die DDR war schnel­ler als West­deutsch­land, die ersten deut­schen Zebra­strei­fen wurden im März 1952 in Ostber­lin aufgemalt.

Wie dem auch sei, ein Vorrang für den Fußver­kehr war mit der im Amts­deutsch anfangs Dick­strich­kette genann­ten neuen Verkehrs­ein­rich­tung zunächst nicht gege­ben. Vorrang gibt es nur, wenn „der Fußgän­ger sich auf dem Fußgän­ger­über­weg befin­det, bevor das Fahr­zeug den Fußgän­ger­über­weg erreicht hat“, wie die nächste StVO-Novelle 1956 im §37a formu­liert. Also: Recht hat der Schnel­lere — und Stär­kere. Mit der Novelle 1956 arbei­tet sich der Fußgän­ger­über­weg immer­hin aus der Anlage in den vorde­ren Teil des StVO vor, eben in den Para­gra­fen 37a. Erst 1964 stellt dann die StVO klar, dass zu Fuß Gehen­den, die „den Fußgän­ger­über­weg erkenn­bar über­schrei­ten wollen“, das Über­que­ren zu ermög­li­chen ist, „nöti­gen­falls müssen [die Führer von Kraft­fahr­zeu­gen] halten“.

Die StVO atmete 1953 noch den Geist der Reichs-Stra­ßen­ver­kehrs-Ordnung aus der Nazi-Zeit. Einer von ganzen zwei Para­gra­fen zum Fußver­kehr befasst sich mit „Marschie­ren­den Abtei­lun­gen“: „Geschlos­sen marschie­rende Abtei­lun­gen dürfen auf Brücken keinen Tritt halten“, heißt es da in §38 Absatz 1 Satz 1, aus Sorge um die Stabi­li­tät der Inge­nieurs­bau­werke. Und natür­lich ist das Regel­werk alles, aber nicht fußgän­ger­freund­lich. So waren erst Anfang 1953 alle Geschwin­dig­keits­be­gren­zun­gen für Pkw aufge­ho­ben worden, man durfte selbst in geschlos­se­nen Ortschaf­ten so schnell fahren, wie man konnte.

Auch deshalb wohl gibt es viele Unfälle an den neuen Fußgän­ger­über­we­gen – und das macht aus der Dick­strich­kette dann endgül­tig den Zebra­strei­fen. Eine Hambur­ger Tages­zei­tung unter­stützt 1954  mit der „Aktion Zebra“ eine Verkehrs­er­zie­hungs­wo­che der Poli­zei. An den Fußgän­ger­über­we­gen werden Autofahrer:innen für korrek­tes Verhal­ten belohnt, mit einem Zebra-Aufkle­ber, wobei Zebra ein Akro­nym war für „Zeichen eines beson­ders rück­sichts­vol­len Autofahrers“.

Heute ist der Zebra­strei­fen etabliert, es gibt neben einem ausge­klü­gel­ten Regel­werk zum Beispiel viele Lieder dazu. Der Zebra­strei­fen in der Londo­ner Abbey Road hat es erst auf das Plat­ten­co­ver der Beat­les und so zu ikoni­scher Berühm­heit geschafft; er wurde viel­fach kopiert, von Fans, ande­ren Bands, von Fußbal­lern, Promi­nen­ten, ja sogar von Politiker:innen, woran die Planer­so­cie­tät nicht ganz unschul­dig ist. Aber das ist eine andere Geschichte.

Foto (aus dem Beat­les-Museum): Ank Kumar 31. August 2023 

 

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Verkehrsplaner:in (m/w/d) mit den Schwer­punk­ten Nahver­kehrs­pla­nung,
stra­te­gi­sche ÖPNV-Entwick­lung, Ride­poo­ling, On-Demand-Verkehr, MaaS. Nähere Infor­ma­tio­nen zu dieser Stelle findest Du hier.
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