Inhaltlich waren sich die drei Diskutierenden des virtuellen Podiums insgesamt einig: Radschutzstreifen sind besser als ihr Ruf. Nur bräuchte es einen anderen, viel flexibleren rechtlichen Rahmen.
Laura Kehrer (Hochschule Darmstadt, u. a. Studentisches Projektbüro Verkehr) berichtete über den wissenschaftlich begleiteten Verkehrsversuch in Heusenstamm, bei dem Schutzstreifen auf einer Hauptverkehrsstraße markiert und Tempo 30 eingeführt wurden, um die Sicherheit und Sichtbarkeit des Radverkehrs zu erhöhen. Die verbleibende Fahrbahnbreite für den Autoverkehr erlaubte dabei keinen Begegnungsverkehr mehr. Wichtigste Ergebnisse des Versuchs. Während der Radverkehr leicht anstieg, ging der Autoverkehr zurück. Fußgänger:innen profitierten, weil nur noch wenige Radfahrende auf dem Fußweg fuhren.
Peter Gwiasda (Planungsbüro Via) berichtete über ein ähnliches, breit angelegtes Projekt in Baden-Württemberg. Schutzstreifen wurden so gerade noch im Rahmen der StVO umgesetzt, für die Kernfahrbahn verblieben nur 4,10 Meter. Hier war das Ergebnis sogar noch deutlicher: Die Schutzstreifen generierten deutlich mehr Radverkehr, besonders außerorts, wo es vorher fast keinen Radverkehr gegeben hatte. „Wir müssen in Netzen denken, nicht in Führungsformen“, reagierte Peter Gwiasda auf Kritik von Verbänden wie dem ADFC.
Thomas Eltner von der Planersocietät stimmte ein: Beim Ortsmittenprojekt in Baden-Württemberg gebe es häufig Straßen, bei denen schlicht kein Platz für Radinfrastruktur da wäre. Er präsentierte Lösungen mit einseitigem Radschutzstreifen bergauf und einer Piktogrammkette bergab.
Es blieb der Wunsch an die Politik, die StVO hier flexibler zu gestalten. Bislang fordert sie bei der Anlage von Radschutzstreifen, dass Begegnungsverkehr von Kfz möglich sein müsste, ohne dass dabei die Schutzstreifen überfahren werden. In den Niederlanden hingegen sind selbst Kernfahrbahnen von unter drei oder gar zwei Meter möglich. Ohne Einbußen bei der Verkehrssicherheit. Die neue ERA (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) der FGSV, die Peter Gwiasda für Herbst 2026 ankündigte, wird sich am Rahmen der StVO orientieren müssen und deshalb hier keine Vorteile bringen.
Hier finden Sie eine Präsentation von Laura Kehrer zum Verkehrsversuch in Heusenstamm. Und hier eine Präsentation von Thomas Eltner. Teile davon wurden jeweils beim Digitalen Dienstag gezeigt.
Eine Aufzeichnung des Digitalen Dienstags finden Sie hier.
Bild: Lebendige Ortsmitten für BW
8. Oktober 2025